Die Wende für die Energiewende
Mit dem Ausbau erneuerbarer Energien ist es nicht getan und die umweltfreundliche Stromerzeugung nur ein erster Schritt auf dem Weg zur Klimaneutralität. Erst die Kopplung der Energiesektoren (Elektrizität, Wärme-Kälte-Versorgung, Verkehr und Industrie) wird nach Meinung aller Expertinnen und Experten die Dekarbonisierung befeuern. Dazu bedarf es auch einer intelligenten Verknüpfung von Erzeuger*innen und Verbraucher*innen. Smart Meter (intelligente Messsysteme) liefern auf Verbraucher*innenseite Daten über den tatsächlichen Bedarf, um daraus Prognosen für den künftigen abzuleiten. Letztere sind die Voraussetzung für die effiziente Steuerung von Smart Grids (intelligente Stromnetze). Dafür fallen Datenmengen an, die nur ein leistungsstarkes KI-System bewältigen kann. Deren Anwendungsbereiche gehen aber viel weiter und reichen von der drohnengestützten Überwachung von Stromtrassen bis hin zur Abwehr von Cyberattacken auf kritische Infrastruktur.
Die Optimierung der Energienetze der Zukunft ist nur eine Seite des Kabels: Gleichzeitig benötigen KI-gestützte Systeme sehr viel Energie. Rechenzentren verbrauchen aktuell ungefähr fünf Prozent der weltweit erzeugten Energie; Tendenz steigend. Allein das Training eines einzelnen KI-Modells verbraucht mehr Strom als 1.000 Backöfen – und das über mehrere Wochen. Nur ein kleiner Teil davon fließt tatsächlich durch Server und Transistoren; der Großteil wird für die Kühlung der Recheneinheiten gebraucht.
„Der Einsatz von KI-Anwendungen wird in den kommenden Jahren stark ansteigen. Die Auswirkungen auf die Umwelt, insbesondere der hohe Energieverbrauch, sind immens. Das Umweltbundesamt forscht an Möglichkeiten, KI-Anwendungen nachhaltiger zu gestalten und vor allem Transparenz für VerbraucherInnen bezüglich der Umweltwirkungen zu schaffen.“
Anna Zagorski, Wissenschaftliche Mitarbeiterin für Green IT am Umweltbundesamt
Eine Prognose für den künftigen Verbrauch der globalen IT-Infrastruktur ist schwierig: Einerseits verbraucht die aktuelle Highend-Chip-Generation ungefähr ein Drittel weniger Energie als ihre Vorgänger. Andererseits hat sich die Zahl der Berechnungsschritte für das Training von KI-Modellen in den letzten Jahren ungefähr alle vier Monate verdoppelt. Dabei will beispielsweise Microsoft bis 2030 klimaneutral werden – baut gleichzeitig aber seine Serverfarmen aus. Auch Google will bis 2030 CO2-neutral werden – und zwar über die gesamte Wertschöpfungskette von der Rohstoffgewinnung über die Emissionen von Lieferanten bis hin zum Energieverbrauch der Endkundinnen und Endkunden. Bis allerdings die Maßnahmen aus den Konzernzentralen in Red-mond und Mountain View greifen, bleibt den KI-Giganten nur eine vergleichsweise traditionelle Weise, um die Umweltbilanz zu optimieren: der Kauf riesiger Mengen von CO2-Zertifikaten.
Die Software spart Strom
Um den Verbrauch von intelligenten Systemen zu senken, gibt es mehrere Ansätze, zum Beispiel die Optimierung der Trainingsmodelle für KI-basierte Anwendungen. Je spezifischer das Trainingsmodell, desto schneller lernt die Maschine. Um im obigen Bild zu bleiben: Die Backöfen heizen dann nur eine Woche. Darüber hinaus kann der Einsatz spezialisierter Hardware den Energieverbrauch senken. Energieeffiziente Grafikchips befeuern zum Beispiel neuronale Netze auf besonders sparsame Weise.
„Wir brauchen längst keine wachsenden CO₂-Emissionen mehr, um Fortschritt zu erreichen. Nachhaltigkeit bedeutet, Emissionen zu senken und trotzdem innovativ zu bleiben, hier setzt Green Coding an. Künstliche Intelligenz muss und kann effizient und verantwortungsbewusst entwickelt werden.“
Didi Hoffmann CTO, Green Coding Solutions GmbH
KI bietet Chancen, birgt aber auch Risiken und wirft ethische Fragen auf. Wie gehen wir damit um? Mehr dazu in Teil vier unserer Titelserie zur Künstlichen Intelligenz.