So verblüffend die schöne neue KI-Welt auch ist, so sehr ist sie mit Unwägbarkeiten, Risiken und vielen offenen Fragen verbunden. So muss sich der Arzt im Angesicht einer elektronischen Diagnose entscheiden, ob er der Macht der Technologie folgt – oder doch eher seiner Erfahrung und Intuition. Entscheidungen darüber, welches Leben schützenswerter ist – das Schulkind oder der Senior, die Schwangere oder die vierfache Mutter –, mag man auch nur schwerlich einer KI überlassen. Wer hat sich eigentlich Gedanken über die Qualität der Daten zum Training von KI-Systemen gemacht? Und um den Spieß umzudrehen: Wie wollen wir Wahrheiten noch anhand von Bildern verifizieren – so haben wir Menschen das nun mal gelernt –, wenn die KI uns wirklich fast alles vorgaukeln kann?
Deep Fakes: Gefahren für Politik und Gesellschaft
Wie viele Jobs dürfen KI-Systeme ersetzen und was passiert mit den bisherigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern? Dürfen Rechner die Buchauswahl in Bibliotheken übernehmen, wie das in den Niederlanden schon gang und gäbe ist? Und welche Folgen haben manipulierte Nachrichten und die immer schwerer zu erkennenden Deep Fakes auf Politik und Gesellschaft?
Manipulative KI-Systeme
Fragen, die inzwischen nicht nur Technologen, sondern auch Soziologen und Politiker beschäftigen. So warnt eine Übersichtsstudie des Massachusetts Institute of Technology im Mai 2024 vor manipulativen KI-Systemen: Eine intelligente Maschine kann wie ein Mensch im Sinne ihrer Ziele lügen und betrügen. Die Forschenden vom MIT fanden heraus, dass beispielsweise das KI-System Cicero, das im Brettspielklassiker Diplomacy gegen menschliche Spielpartner antritt, nicht viel von Fair Play hält und seine Mitspieler* innen hintergeht, sobald sich daraus ein Vorteil ergibt – obwohl die Programmierer das System darauf trainiert haben, „größtenteils ehrlich und hilfsbereit“ zu agieren.
„Ein bewusster Umgang mit Chancen und Risiken von KI sowie eine einheitliche Umsetzung des AI Acts liegen gleichermaßen im Interesse von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft. Das BSI wirkt in offener und partnerschaftlicher Kooperation daran mit und fördert die gemeinsame Vision einer Cybernation Deutschland.“
Claudia Plattner, Präsidentin des Bundesamtes für Sicherheit (BSI) in der Informationstechnik
Die Veränderungen durch KI sind in der Kreativ-Branche auch zu spüren. Aber wem gehört eigentlich ein von KI generiertes Werk?
Künstliche Intelligenz: Welche Jobs bedroht werden
Wie sehr Künstliche Intelligenz Arbeitswelten und -märkte revolutionieren wird, steht noch in den digitalen Sternen. Am schwierigsten gestaltet sich dabei einmal mehr der Faktor Mensch: Wie schnell können Politik und Industrie verbindliche Regeln definieren, wie hoch fällt die Akzeptanz der digitalen Helfer aus und wo und wie werden sie in den Unternehmen eingesetzt?
Antworten darauf gibt beispielsweise eine 2023 von Briggs und Kodnani veröffentlichte Studie. Die Autoren rechnen vor, dass KI in Europa und den USA ungefähr zwei Drittel aller Arbeitnehmenden betreffen wird. Konkret sehen die Forschenden 300 Millionen Arbeitsplätze bedroht, allen voran in den Bereichen Texterstellung, Mathematik, Steuerrecht, Finanz- und Nachrichtenanalytik sowie in der Design-Branche. Arbeitsplätze, die Bewegung, Intuition, Kreativität, Einfühlungsvermögen und zwischenmenschliche Interaktion erfordern, werden dagegen vergleichsweise weniger betroffen sein. Wie jedes gute Werkzeug kann KI in diesen Bereichen nicht nur die Qualität, sondern auch die Arbeitszufriedenheit und das Zutrauen in die eigenen Fähigkeiten verbessern. Gleichzeitig erwarten die Autoren, dass wie bei allen historischen Technologie-Umbrüchen Zug um Zug neue Branchen und Beschäftigungsmöglichkeiten entstehen werden.
Ein immer wiederkehrendes Thema: Einheitliche Regeln für den sicheren Einsatz von KI in Europa. Die EU setzt mit dem AI Act Maßstäbe. Welche Maßnahmen zur Regulierung von KI gibt es in Deutschland? Das klären wir im letzten Kapitel der KI-Serie.