Quantenforschung

Ein Quantensprung in die Zukunft:
Globale Verteilung
Ausgabe
4 min
Katze deren Augenpartie mit einem Cutout menschlicher Augen überdeckt ist

Quantenforschung in den USA und China

Welche Länder und Wirtschaftsräume derzeit im Bereich Quantentechnologie führend sind, ist schwer auszumachen. In den USA geben Microsoft, IBM, Google und Amazon den Quantentakt an, gestützt von circa 3,7 Mrd. US-Dollar öffentlichen Fördergeldern. Ein Quäntchen im Vergleich zu den 15,3 Mrd. US-Dollar, die China bis 2022 in die Technologie investierte; Tendenz stark steigend. Das Reich der Mitte hat dabei nicht nur wirtschaftliche Interessen im Sinn. Wie die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua im Juli 2022 stolz verkündete, arbeiten chinesische Satelliten bereits mit einer unhackbaren Quantenverbindung zwischen All und Erde. Die Agentur prognostizierte in einer offiziellen Pressemitteilung darüber hinaus „enorme Aussichten für den Einsatz der neuen Kommunikationsgeneration im Finanz- und Verteidigungsbereich“. Dazu zählen zum Beispiel die Entschlüsselung von Internetdaten wie auch die Aufdeckung von Tarnkappenbombern via Quantensensorik.

Der europäische Quantensprung

In Europa besitzt die Quantenphysik eine lange wissenschaftliche Tradition. Max Planck gilt als Vater der Quantenphysik, an seiner Seite standen unter anderem Niels Bohr, Albert Einstein, Erwin Schrödinger und Werner Heisenberg. Ihre wissenschaftlichen Ururenkel gehören heute zur Weltspitze und wurden bis 2022 europaweit mit insgesamt 8,4 Mrd. US-Dollar gefördert. Die Europäische Union hat gleich mehrere Initiativen rund um die Forschung und Entwicklung der Quantentechnologie auf den Weg gebracht; allen voran das „Quantum Flagship“. Allein dieses langfristig angelegte Programm verfügt über ein Budget von einer Milliarde Euro und beschäftigt sich mit Quantencomputern, -simulationen, -kommunikation und -messtechnik. In der Anlaufphase waren 1.600 Forscherinnen und Forscher in 24 unterschiedlichen Projekten beteiligt.

Eine Billion Mal schneller: Qubits

Klassische Bits repräsentieren den Wert 1 oder 0. Herkömmliche Computer arbeiten diese Bits in den Transistoren von Mikrochips nacheinander ab. Das machen sie sehr schnell: bis zu einer Milliarde Mal in der Sekunde. Dadurch lassen sich auch komplexe Aufgaben in akzeptabler Zeit berechnen.

Unter Qubits verstehen wir dagegen Quantenteilchen oder ein System von Quantenteilchen. Ein Quantensystem kann sich gleichzeitig in mehreren Zuständen befinden.

Erstaunlicherweise ändert sich das, sobald das System gemessen wird. Die dahinterstehende Theorie ist überaus komplex und für Nicht-Physiker schwer verständlich.

Die technologische Herausforderung besteht in der Erzeugung, Stabilisierung und Verschränkung der Qubits. Dafür werden derzeit vor allem zwei Ansätze verfolgt:
elektromagnetische Felder und Supraleiter.

 

Koffer aus dem zwei Arme herausreichen im gezeichneten Stil auf gelbem Hintergrund

Neues aus der Trickkiste: Physik ist die Grundlage für Chemie, Biologie und damit auch der Soziologie – also eigentlich für alles.

Illustration von einem Mann, der auf schwarz weiß gestreiften Wellen sitzt, die aus seinem Kopf austreten

Quantencomputer ist nicht gleich Quantencomputer

Quantencomputer, deren Qubits in elektromagnetischen Feldern arbeiten, sind einfacher aufgebaut. Dafür eignen sie sich aber nur für spezielle Aufgaben, zum Beispiel für die Berechnung von Verkehrsströmen oder für die Bewegungen von Roboterarmen in der Produktion. Das können sie dann aber in bestimmten Anwendungen Billionen Mal schneller als klassische IT-Architekturen.

 

Quantencomputer auf der Basis von Supraleitern nutzen Temperaturen nahe dem absoluten Nullpunkt, um ihre Qubits stabil zu halten. Das erfordert einen enormen technischen Aufwand und sehr viel Energie. Universelle Quantencomputer sind deshalb erst in Pilotprojekten und nur in der Cloud verfügbar – als Quantencomputer-as-a-Service. Hier liefern sich Google und IBM ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Wer tatsächlich in puncto Skalierbarkeit, Zuverlässigkeit und Wirtschaftlichkeit vorne liegt, kann vermutlich nur ein Quantencomputer feststellen.

Ein Quantum Förderung

Die Bundesregierung sieht Deutschland quantentechnisch auf einem guten Weg und verweist auf die führende Rolle in Europa bei fachspezifischen Publikationen sowie den Patentfamilien. International betrachtet liegt Deutschland bei den Patenten auf Platz vier; hinter China, USA und Japan. Zur Förderung der Quantentechnologie hat das Forschungsministerium ein nationales Handlungskonzept auf den Weg gebracht. Es soll laut Ministerium „Quantentechnologien in Wirtschaft, Gesellschaft und staatlichen Institutionen zur Anwendung bringen. Die aktuellen Technologieführer USA, China und Großbritannien bleiben dabei außen vor.“ Für dieses Programm stehen insgesamt rund drei Milliarden Euro zur Verfügung. Ob diese Zahl vor dem Hintergrund der aktuellen Etatkürzungen Bestand haben wird, ist derzeit aber fraglich.

Quantentechnologie: von der Forschung zur Praxis

Auch Unternehmen gehen anwenderorientiert mit der neuen Technologie um:

  • Trumpf optimiert mit Quantentechnologie beispielsweise Aufgabenpläne in der Fertigung, 
  • Merck das Timing von klinischen Studien, 
  • Volkswagen die wirtschaftliche Abfolge von Karosseriefarben, 
  • Infineon die Organisation internationaler Lieferketten, 
  • Munich Resilienz die Absicherung von Versicherungsrisiken und 
  • Boehringer Ingelheim simuliert komplexe Moleküle, um die Entwicklungszeit neuer Medikamente zu beschleunigen.

Welche Rolle spielen Normen und Standardisierung im Bereich der Quantentechnologien? Welche Inhalte greift eine Normungsroadmap auf? Antworten darauf gibt es im nächsten Teil unserer Titelstrecke zur Quantentechnologie.

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