Die Bedeutung von Normen und Standards in der EU-Datenstrategie

Ein Binnenmarkt für Daten
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Eine Frau in schwarzer Bluse und blauer Jacke steht vor einem großen Fenster.
© Eva Häberle

Für Katja Krüger spielen Normen und Standards eine wichtige Rolle auf dem Weg zu einem interoperablen, europäischen Datenraum.

„Ein Binnenmarkt für Daten“ – mit dieser Zielsetzung hat die EU-Kommission bereits im Februar 2020 die Europäische Datenstrategie veröffentlicht. Die Vision: ein europäischer, interoperabler Datenraum, der es ermöglicht, branchenübergreifend Daten zum Vorteil aller weiterzugeben, wobei gleichzeitig bestehende Vorschriften zum Schutz von Privatsphäre und Datenschutz vollumfänglich eingehalten werden. Das Schlüsselwort: interoperabel. Der Schlüssel dafür: Normen und Standards. Vor diesem Hintergrund kündigte die EU-Kommission bereits in ihrer Strategie an, neben der Erarbeitung von Rechtsvorschriften für den Datenaustausch und die Datenverwendung auch „in Standards, Instrumente und Infrastrukturen sowie in Kompetenzen für den Umgang mit Daten [zu] investieren“.

Zukunftssicherheit durch Standards

In Umsetzung der Datenstrategie hat die EU-Kommission in den vergangenen Jahren drei Gesetzesinitiativen auf den Weg gebracht:

1. Die Richtlinie über offene Daten (Open Data and PSI (public sector information) Directive), 
2. den Daten-Governance-Rechtsakt (Data Governance Act),
3. das Datengesetz (Data Act).

In allen drei Rechtsakten spielen Normen und Standards eine wichtige Rolle, insbesondere wenn es darum geht, die richtige Balance zwischen dem Schutz persönlicher Daten einerseits und ihrer Nutzbarmachung für Wirtschaft und Gesellschaft andererseits zu finden. Ist diese Balance erst einmal gefunden, soll sie das Aushängeschild sein, das die Europäische Union bis 2030 zu einem attraktiven, sicheren Datenwirtschaftsstandort macht. Die Nutzung bestehender internationale Normen für Dateninteroperabilität und -qualität sowie die Entwicklung weiterer, einheitlicher Europäischer Normen können dabei helfen, dieses politische Ziel zu erreichen, indem sie das technische Level Playing Field beschreiben. Wenn sich aus einem gut konzipierten Gesamtpaket von Standards Klarheit, Transparenz und Verlässlichkeit ergeben, werden die Eintrittsbarrieren für die Anwendung von Datenräumen deutlich sinken. Somit wird die Entstehung eines lebendigen Datenökosystems in Europa unterstützt.

CEN und CENELEC haben auf europäischer Ebene eine gemeinsame Fokusgruppe für „Daten, Datenräume, Cloud und Edge“ gegründet. Das Sekretariat führt die italienische Normungsorganisation UNI und stellt auch den Vorsitzenden der Fokusgruppe. Darüber hinaus wurde von UNI ein CEN/TC mit gleichem Titel beantragt, den Vorsitzenden kann DIN stellen, wo das Thema im Normenausschuss Informationstechnik und Anwendungen (NIA) gespiegelt wird.

Europäische Normen als Schlüssel

Auf Seiten der Politik soll ein durch den Data Governance eingerichteter Dateninnovationsrat (European Data Innovation Board) die Europäische Kommission mit Blick auf die Verwendung bzw. Entwicklung sektorübergreifender Normen für die Datennutzung beraten. Auch ein Arbeitsstrang unter dem Hochrangigen Forum für Europäische Normung (High-Level Forum on European Standardisation, HLF) veröffentliche jüngst Handlungsempfehlungen zur Umsetzung an die EU-Kommission. Insbesondere solle diese möglichst zeitnah einen Normungsauftrag auf Basis des Datengesetzes an die Europäischen Normungsorganisationen geben, um die Initiierung von Normungsarbeiten in den Schwerpunktbereichen Dateninteroperabilität, Data Governance, Datenermittlung und Datennutzung zu unterstützen. Das Datengesetz ist bereits im Januar 2024 in Kraft getreten, den angekündigten Normungsauftrag gibt es bis dato nicht. In der Umsetzung sei stets eine enge Zusammenarbeit mit den internationalen Normungsorganisationen ISO und IEC anzustreben, so die HLF-Arbeitsgruppe.

Der Schlüssel für den Binnenmarkt für Daten bleibt somit der gleiche, mit dem vor über 30 Jahren die Tore zum analogen Binnenmarkt für Produkte geöffnet wurde: Europäische Normen. Mit ihnen werden technische Anforderungen in allen Mitgliedsstaaten und darüber hinaus harmonisiert und somit Handelsbarrieren abgebaut. Sowohl Politik als auch Wirtschaft haben diesen Schlüssel bereits in der Hand. Jetzt gilt es, ihn zu nutzen: durch aktives Engagement in der Normung seitens der Expertinnen und Experten aus Unternehmen und weiteren interessierten Kreisen auf der einen und die Inbezugnahme erarbeiteter Normen zur Ausfüllung rechtlicher Anforderungen durch den Gesetzgeber auf der anderen Seite.

Normung und Politik
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