Das Jahrtausend ist noch jung, die technologischen Innovationen aber schon bahnbrechend: In den letzten Jahren haben wir Künstliche Intelligenz und autonomes Fahren auf den Weg gebracht, das menschliche Genom entschlüsselt und den Cyberspace wie auch das All nutzbar gemacht. Seither bestimmen GPS, Handys und Social Media unser Leben. Jetzt stehen Quantentechnologien vor der Tür und mit ihr die nächste technologische Revolution. Als deren Wegbereiter gilt Max Planck. Er stand Anfang des 20. Jahrhunderts vor dem Problem, dass Messungen an Molekülen und Atomen Ergebnisse lieferten, die mit der klassischen Physik nicht erklärbar waren, ja ihr sogar widersprachen. Erst die Vorstellung von noch kleineren Teilchen – den sogenannten Quanten – sowie die Beschreibung ihres seltsamen Verhaltens ermöglichten wieder in sich stimmige physikalische Gesetze.
Zusammen mit Einstein, Heisenberg und anderen Koryphäen hat Planck in den folgenden Jahren dafür die Quantenphysik entwickelt. Der neue Wissenschaftsbereich präsentierte einige Überraschungen: Quantenteilchen verhalten sich nicht immer so, wie wir es von Materie erwarten. Sie können sich beispielsweise über weite Entfernungen gegenseitig beeinflussen und sind scheinbar an mehreren Orten gleichzeitig. Die heutigen Quantenforscher*innen setzen die Arbeit ihrer berühmten Vorgänger fort und begründeten die zweite Quantenrevolution, welche das Manipulieren und Kontrollieren einzelner Teilchen ermöglicht. Die außergewöhnlichen Quanteneffekte ermöglichen dabei ungeahnte technologische Möglichkeiten, zum Beispiel Quantencomputer, die um Größenordnungen schneller arbeiten als bisherige Hightechrechner. Oder Datenübertragungen in Lichtgeschwindigkeit. Oder auch sehr, sehr genaue Messgeräte. Um nur einige Optionen für die schöne neue Quantenwelt zu nennen.
„Gott würfelt nicht“
Mit diesem historischen Zitat verteidigte Einstein die seiner Meinung nach universell gültigen (quasi göttlichen) Gesetze der Physik, die auch für einzelne Atome und ihre noch kleineren Bestandteile gelten müssten. Als Ursache für das ebenso faszinierende wie unerklärliche Verhalten der Anfang des 20. Jahrhunderts neu entdeckten subatomaren Teilchen vermutete er „verborgene Variablen“, die es noch zu erforschen galt. Doch diesmal irrte das Jahrhundertgenie. Nicht alle Bausteine der Materie lassen sich auf Basis der klassischen Physik beschreiben.
Mit einem Stromverbrauch von nur 20 Watt kann unser Gehirn eine Trillion mathematische Operationen pro Sekunde durchführen. „DeepSouth“ geht nächstes Jahr ans Netz und erreicht als erster Supercomputer auch diese Größenordnung.
„Kein Mensch versteht die Quantentheorie.“
DAS ZITAT STAMMT VON RICHARD FEYNMAN. DABEI WURDE DER MANN MIT EINEM NOBELPREIS FÜR SEINE ARBEIT ZUR QUANTEN PHYSIK AUSGEZEICHNET. ERST LANGSAM TASTEN SICH DER ZEITWISSENSCHAFTLER*INNEN AN DIE MÖGLICHKEITEN DER SCHÖNEN NEUEN SUBATOMAREN WELT HERAN. ERSTE ANFÄNGE SIND GEMACHT: HIGHTECH-CHIPS, LASERDRUCKER ODER AUCH BILDGEBENDE VERFAHREN WIE DIE MAGNETRESONANZTOMOGRAFIE NUTZEN BEREITS ANSATZWEISE UNSER WISSEN ÜBER QUANTEN.
Unschärfen und Wellenphänomene
Erst die Anfang des 20. Jahrhunderts entwickelte Quantenphysik erklärt, was unsere Welt im Innersten zusammenhält. Die in diesem Modell beschriebenen Quanteneffekte verstoßen allerdings gegen all unsere Erwartungen, Erfahrungen und Intuitionen. Wenn beispielsweise ein Elektron auf zwei nebeneinander liegende Spalten auf eine Scheibe zufliegt, müsste sich das Teilchen nach klassischer Physik für eines davon entscheiden – beispielsweise wie ein Fußball, der nur ein Loch einer Torwand durchqueren kann. Tatsächlich scheint es aber so, dass Quantenteilchen offenbar beide Löcher durchqueren, vergleichbar wie eine Wasser-Wellenfront. Mehr noch: Je genauer man die Geschwindigkeit eines Teilchens misst, desto unbestimmbarer wird dessen Aufenthaltsort (für die Physiker*innen unter uns: Mehr darüber steht in der Unschärferelation von Heisenberg). Darüber hinaus können Quantenteilchen miteinander verschränkt sein: Bei der sogenannten Quantenverschränkung bestimmt der Zustand des einen unmittelbar den eines anderen – egal ob dazwischen nur ein paar Atome oder aber ein ganzes Universum liegt. Um nur einige der bisher erforschten Quanteneffekte zu nennen.
Weltrekord in der Quantenverschränkung
Darüber hinaus arbeiten Forschende rund um den Globus an der gezielten Übertragung von Quanteneigenschaften auf weit entfernte Teilchen. Basis dieser Technologie ist die Quantenverschränkung, die Albert Einstein als „spukhafte Fernwirkung“ bezeichnete.
„Quantenverschränkung ermöglicht es, sogenannten korrelierten Zufall zu erzeugen. Das ist, als ob zwei Münzen, die an verschiedenen Orten geworfen werden, stets auf dieselbe Seite fallen“, erklärt Rupert Ursin, Physiker an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Der aktuelle Weltrekord liegt bei rund 200 Kilometern: Über diese Distanz hat das Team rund um Ursin Photonen miteinander verschränkt – sprich, den Zustand des einen auf das andere Teilchen übertragen. Ein Ziel bei der Forschung rund um die Quantenverschränkung ist ein quantenbasierendes Internet, bei dem Informationen nicht mehr als elektrische Signale, sondern in Form von Quantenzuständen übermittelt werden. Das würde das Internet nicht nur lichtschnell, sondern auch absolut abhörsicher machen.
Mr. Beam
An der Österreichischen Akademie der Wissenschaften denkt Anton Zeilinger schon weiter: an die Teleportation nicht nur von Zuständen, sondern von ganzen Teilchen-Ansammlungen, sprich von Materie. Das hat ihm den Spitznamen Mister Beam eingebracht. Zeilinger bleibt auf dem Boden: „Wer weiß, vielleicht können wir in tausend Jahren tatsächlich eine Kaffeetasse teleportieren.
Allerdings würde jede auch noch so winzige Störung von außen bewirken, dass die Tasse ohne Henkel ankommt. Für Menschen wäre eine solche Fortbewegungstechnik deshalb viel zu gefährlich.“ Teleportation bleibt damit eine Domäne von Science-Fiction-Autor* innen. Vorerst.