Die zentrale Bedeutung von Sustainable Finance: Verordnungen und Normen

Reden wir über Geld:
Verordnungen und Normen
Ausgabe
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Ein Mann und eine Frau stehen mit erhobenen Armen auf einem Dach.

Europa ist vorne

Der internationale politische Treiber im Bereich Sustainable Finance ist die EU. Die Gemeinschaft hat einen umfangreichen Aktionsplan mit weitreichenden Regulierungen angestoßen. Die erklärten Ziele umfassen u. a. mehr Transparenz sowie effizientes Risikomanagement für nachhaltige Wirtschaftsaktivitäten. Zu den Regulierungen gehören die EU-Taxonomie-Verordnung, die Offenlegungsverordnung (SFDR) sowie die Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen (CSRD).

Europäische Regierungen haben Programme aufgelegt, mit denen sie nachhaltige Finanzierung fördern wollen.

Die Taxonomie-Verordnung: ein ökologisches Klassifizierungssystem

Diese Verordnung definiert, welche wirtschaftlichen Aktivitäten von Unternehmen die Umweltziele der EU unterstützen. Dabei werden sechs Bereiche abgedeckt: Klimaschutz, Anpassung an den Klimawandel, der Schutz von Wasser- und Meeresressourcen, der flächendeckende Übergang zur Kreislaufwirtschaft, weniger Umweltverschmutzung sowie der Schutz von Biodiversität und Ökosystemen. Diese Aufzählung belegt die Komplexität der Verordnung, die eine umfangreiche Datenerhebung und Berichterstattung in den betroffenen Unternehmen erfordert.

Die Offenlegungsverordnung: Fakten für Anleger

Die Offenlegungsverordnung (SFDR) verpflichtet beispielsweise Fondsmanager, Anlageberater oder auch Versicherungsunternehmen, Informationen über die Nachhaltigkeit ihrer Produkte zu publizieren. So sollen Nachhaltigkeitsfaktoren und Risiken maßgeblich zukünftige Anlageentscheidungen beeinflussen. Dabei hilft beispielsweise die DIN 77230. Der 2022 veröffentlichte Anhang Bbeschreibt eine „Teilanalyse zur Abfrage der Nachhaltigkeitspräferenzen“.

Nachhaltigkeitsberichterstattung: Wie grün sind Sie denn?

Die Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung verfolgt das Ziel, zukünftige Nachhaltigkeits- Reports auf eine Stufe mit der klassischen Finanzberichterstattung zu stellen. Die Richtlinie trat Anfang 2023 in Kraft und definiert einheitliche European Sustainability Reporting Standards (ESRS). Die ESRS sollen bis Ende 2023 in EU-Recht überführt werden und betreffen dann rund 50.000 europäische Unternehmen, welche Nachhaltigkeitsberichte veröffentlichen und extern prüfen lassen müssen.

Eine Frau sitzt auf dem Boden mit ihrem Laptop im Schoß und leht die Arme über ihren Kopf.
Eine fröhliche junge Frau auf einer Brücke mit gelbem Geländer.

„Bei der Transformation der Wirtschaft hin zu mehr Nachhaltigkeit gibt es nicht nur Schwarz oder Weiß bzw. Braun oder Grün, sondern ,Shades of Green‘, also verschiedene Ausprägungen in der Erreichung von Nachhaltigkeitszielen. Anleger*innen wollen oftmals auch diesen Weg zu mehr Nachhaltigkeit mit ihrem Geld begleiten. Und um zu verhindern, dass nur die grüne Nische mit Kapital versorgt wird, fragt die Norm DIN 77230 daher ganz bewusst ab, ob eben auch Investments in Unternehmen auf dem Weg der Transformation bei der Produktauswahl in Frage kommen.“

In Dubio pro Geo

Die Beschreibung der einzelnen Richtlinien, Verordnungen, Gesetze und Erlasse lässt den Aufwand erahnen, der auf Unternehmen, Organisationen, Politik und Verbände zukommt. Kritiker* innen verweisen darauf, dass dieser Aufwand die Rentabilität nachhaltiger Investitionen belasten kann. Dagegen steht wiederum die wachsende Nachfrage nach ökologisch orientierten Produkten und Dienstleistungen, welche langfristig automatisch zu einer besseren Wirtschaftlichkeit führen kann. 

In diesem Zusammenhang helfen Normen und Standards dabei, Kennzahlen vergleichbar, Abläufe berechenbar und Prozesse effizienter zu machen. Normen sind deshalb das Gebot der Stunde. Um diese zu erarbeiten, bietet DIN den runden Tisch für Austausch und Dialog. Dazu bringt DIN als neutraler Mittler alle Stakeholder zusammen und bietet als Mitglied der der Europäischen Normungsorganisation CEN und der internationalen Normungsorganisation ISO die Anbindung an die europäische und internationale Normung. 

Die Nachfrage nach ökologisch orientierten Produkten und Dienstleistungen wächst.

DIN: mit gutem Beispiel voran

Um möglichst konkrete Angebote unterbreiten zu können, hat DIN mit dem im Oktober neu gegründeten Normenausschuss Finanzen (NAFin) beispielsweise einen Rahmen geschaffen, in dem sich Interessierte einbringen können, um unter anderem einvernehmlich die Nachhaltigkeit unseres Finanzwesens zu beschreiben und Wege dorthin zu öffnen. Der NAFin wird eng mit verschiedenen Interessengruppen wie Banken, Versicherungen, Industrieunternehmen, Verbänden, Behörden und Verbraucherschutzorganisationen zusammenarbeiten. Die Hauptaufgabe des Gremiums besteht in der Entwicklung von Normen und Standards, mit denen Best Practices und einheitliche Vorgehensweisen in verschiedenen Bereichen des Finanzwesens gefördert werden.

Der NAFin ist konkret zuständig für die strategische und inhaltliche Koordinierung der Normungsarbeiten u. a. in den Bereichen Finanzen und Versicherungen – von der Beratung und der Vertragsgestaltung über nachhaltige Finanzen und Konformität bis hin zum Datenmanagement einschließlich der Bewertung und Zuordnung neuer Normungsfelder in diesen Gebieten.

„DIN-Normen ermöglichen Individualisierung, erleichtern Arbeitsprozesse, schaffen Sicherheit und stiften Vertrauen. Durch die Gründung des Normenausschusses Finanzen (NAFin) kann die Finanzbranche diese Vorzüge zukünftig stärker nutzen – und wird zugleich Vorreiter in der deutschen Dienstleistungsnormung.“

Mit Ihnen gemeinsam

Mit einer Beteiligung an der Normenarbeit bringen Sie Ihre Interessen und Kenntnisse in zukünftige Normen und Standards ein. Ihre Ansprechpersonen sind Josefine Sult josefine.sult@din.de und Leon Jones leon.jones@din.de

Bestehende Normen und DIN SPECs

Das existierende Regelwerk von DIN unterstützt Organisationen und Personen bereits heute bei der Anwendung von Sustainable-Finance-Grundsätzen. Die folgenden Beispiele belegen sowohl den breiten Ansatz als auch die praxisorientierte konkrete Hilfestellung unserer Arbeit. Die DIN 77230 unterstützt Berater*innen beim Anlegen einer Basis-Finanzanalyse für Privathaushalte, die DIN 77235 fokussiert mit der gleichen Thematik kleine und mittlere Unternehmen, die DIN SPEC 77233 bietet darüber hinaus Anleger*innen und Privatpersonen eine standardisierte Finanzierungs- und Risikoanalyse von wohnwirtschaftlich genutzten Immobilien für Privathaushalte. Die internationale Norm ISO 32210 für Sustainable Finance nimmt die Sicht von Organisationen und ihrer Stakeholder ein und formuliert Leitlinien zur Anwendung übergreifender Nachhaltigkeitsprinzipien, -praktiken und -terminologie für Finanzierungsaktivitäten.

Außerdem gibt es die zweite Ausgabe der „Normungsroadmap Künstliche Intelligenz“ mit ihrem ausführlichen Schwerpunkt Finanzdienstleistungen.

Mehr Infos zum Thema Sustainable Finance und wie wichtig die Normung dabei ist
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