Digitaler Produktpass

Digitaler Produktpass und QI-Digital
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4 min
Ein Mann in Brille und Anzug steht vor einer grauen Betonwand.
© Goetz Schleser

Ob im Kontext des Europäischen Green Deal, des Circular Economy Action Plan oder beim Thema Industrie 4.0, der Digitale Produktpass – kurz DPP – ist von der politischen und wirtschaftlichen Agenda nicht mehr wegzudenken. Er wird Informationen zu einem Produkt digital sicher zugänglich machen und übernimmt so eine Schlüsselrolle bei der Transformation hin zu einer digitalen und nachhaltigeren Welt.

Er soll der digitale Beipackzettel zu jedem Produkt sein. Mit dem Digitalen Produktpass sind Produzenten, Lieferanten, Konsument*innen oder Recycler – also alle Akteure der Wertschöpfungskette – in der Lage, mit wenigen Klicks die für sie relevanten Daten über ein bestimmtes Produkt abzurufen. Und das werden nicht nur die gängigen Produktinformationen wie Herstellerkontakt, Gebrauchsanleitungen oder Konformitätserklärungen in den jeweiligen Landessprachen sein. Er soll auch Informationen zu Komponenten, Materialien und chemischen Substanzen, zu Reparierbarkeit, Ersatzteilen oder fachgerechter Entsorgung liefern. Kurz: Der Digitale Produktpass wird künftig die zentrale Produktinformationen bündeln und über den gesamten Lebenszyklus transparent und abrufbar machen.

Informationen adressatengerecht verfügbar

Aus meiner Sicht kann der Digitale Produktpass viele Vorteile bringen. Doch er ist zunächst einmal eine immense Herausforderung für unsere Wirtschaft. Damit alle Beteiligten vom Digitalen Produktpass profitieren, muss er ein zentraler Kommunikationskanal zum Informationsaustausch zwischen allen Marktteilnehmern in der weltweiten Lieferkette werden. Dies ist nicht zuletzt nötig, damit unsere Unternehmen die Informationspflichten in Europa mit dem geringstmöglichen Zusatzaufwand erfüllen können.

Die Frage, die wir uns daher hier stellen sollten: Wie lässt sich sicherstellen, dass der DPP weltweit einen sicheren Datenfluss vereinfacht und aufbauend auf europäischen Prinzipien ein anerkanntes und effizientes Instrument für alle Marktteilnehmer wird? Normalerweise lautet meine Antwort: ‚Internationale Standards‘. Das ist auch hier der Fall. Im vergangenen Jahr haben wir uns dafür gemeinsam mit der DKE strategisch optimal positioniert u.a. durch die Führung des Sekretariats des europäischen Technischen Komitees „CEN-CLC/JTC 24 DPP“ wo das DPP-System Europas im Auftrag der EU definiert wird.

„Es ist wichtig, die internationalen Initiativen zur Digitalisierung der Qualitätsinfrastruktur mitzugestalten und uns als Treiber des Digitalen Produktpasses zu positionieren.“

Digitales Pendant zur internationalen Qualitätsinfrastruktur

In diesem Fall füge ich der Antwort „Internationale Standards“ aber noch eine weitere Facette hinzu: Die Digitalisierung der Qualitätsinfrastruktur (QI) und zwar national, europäisch wie international. Sie ist notwendig, damit der steigende Bürokratieaufwand händelbar und auf Sicht womöglich sogar reduziert werden kann. Die Qualitätsinfrastruktur ist das System, welches international das Erzeugen und Zuliefern qualitätsgesicherter Daten und Pflichtinformationen gewährleistet. Verankert in fast allen Rechtsstrukturen und Handelsverträgen der Welt, kann die digitale Transformation der QI auch auf die weltweite Harmonisierung von DPPs und Datenräumen hinwirken. Um diesen Prozess national voranzutreiben und international mitzugestalten haben wir mit PTB, BAM, DAkkS und DKE die Initiative QI-Digital gegründet und die Wirtschaft systematisch in den Prozess eingebunden.

Die Vorteile des Digitalen Produktpasses

Wenn es um die QI geht, sind wir bzw. Deutschland nachgewiesenermaßen Weltspitze, wie der „QI for Sustainable Development Index“ (QI4SD) der UN zeigt. Wenn es um eine fundierte Umsetzung des DPP geht, setzen u.a. das Batteriepassprojekt des BMWK und die Verwaltungsschale der Industrie 4.0 Maßstäbe. Der digitale Batteriepass der EU ist wohl der weltweit erste so umfassend gedachte DPP. Aus dem Batteriepass-Projekt des BMWK kommt dazu die nun für die Normung grundlegende Idee einer Meta-Struktur, die verschieden DPP-Umsetzungen parallel und interoperabel ermöglichen soll. Pflicht wird der Pass schon 2027 für Batterien in allen E-Fahrzeugen und in Industrieanwendungen. Dabei werden bis zu 90 Merkmale der jeweiligen Batterie in Kategorien wie CO2-Fußabdruck, Zertifizierungen, Lieferkette usw. festgehalten. Über einen QR-Code oder einen RFID-Chip lassen sich diese Informationen dann standardisiert abrufen. Sukzessive folgen dann weitere Produktgruppen wie Spielzeuge, Elektrotechnik, Möbel, Bauprodukte usw. 

Geht es um die Optimierung von Liefer- und Prozessketten werden der DPP und das Konzept der Verwaltungsschale der Industrie 4.0 zu einer Einheit – dem DPP 4.0. Mit dieser Umsetzung des Digitalen Produktpasses verbinden sich die physische und digitale Welt entlang der gesamten Produktionskette. Wie das künftig aussehen kann, zeigt etwa der ZVEI-Show-Case eines virtuellen Schaltschranks, der digitale Produktinformationen zusammenführt und so mit DPPs einen „digitalen Zwilling” des Schaltschranks erschafft.

Die Entwicklung der QI-Digital und des DPP greifen ineinander und werden fundamentalen Einfluss auf sämtliche Aspekte der Wirtschaft haben. Beides muss zusammen gedacht werden. Nur so können wir gemeinsam international die Grundlagen für einen effizienten und erfolgreichen Einsatz des DPP legen. Und wir haben dafür eine gute Ausgangsposition.

Die Vorteile liegen auf der Hand: Weniger Verwaltung, weniger Papier, effizienter Datenfluss für alle Marktteilnehmer*innen, weltweit einheitliche Konformitätsbewertungen und die Chance Industrie 4.0 entlang der gesamten Lieferkette zu etablieren. Das macht den DPP zu einem zentralen Element der grünen und digitalen Transformation, von der die europäische Wirtschaft profitieren kann.

QI-DIGITAL UND QI4SD

QI-Digital
Ist das digitale Pendant zu anerkannten Elementen der internationalen Qualitätsinfrastruktur. Die QI umfasst die Metrologie, also Messwesen und Prüfdienstleistungen, die Akkreditierung, die Konformitätsbewertung, die Marktüberwachung sowie die Standardisierung. All diese Elemente haben „Made in Germany“ und „Made in Europe“ stark gemacht und dafür gesorgt, dass Produkte sicherer geworden sind.

QI4SD
Der„QI for Sustainable Development Index” (QI4SD), zeigt den allgemeinen QI-Entwicklungsstand eines Landes, welcher sich nach der UNIDO positiv auf 15 der 17 Sustainability Goals der UN auswirkt.

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