Geld für den Globus
Die Akteure konzentrieren sich dabei nicht allein auf den Kampf gegen Krisen, sondern setzen den Finanzmarkt auch als Instrument zur Erreichung gesellschaftlicher und ökologischer Ziele ein. Mit der gezielten Steuerung von Geldflüssen soll beispielsweise der technologische Fortschritt vorangetrieben, soziale Gerechtigkeit gefördert und nicht zuletzt auch Klimaziele erreicht werden.
Die Impulse aus der Politik, den Märkten und nicht zuletzt auch von Verbraucher*innen geben den Takt vor. Die Finanzbranche reagiert mit neuen Angeboten, welche neben ökonomischen zunehmend auch ökologische und soziale Aspekte berücksichtigen, zum Beispiel in Form von nachhaltig ausgerichteten Aktienfonds oder grünen Anleihen. Damit unterstützt die Branche nachhaltiges unternehmerisches Wachstum, den Kampf gegen den Klimawandel sowie das Gelingen der Energiewende.
Der Finanzbedarf für diese Ziele ist enorm. Er beträgt laut World Wide Fund For Nature (WWF) zwei bis drei Billionen Dollar – pro Jahr. Als eine der weltweit wichtigsten Umweltschutz- Organisationen fordert der WWF eine gezielte Mittelsteuerung für einen Wandel in der Finanzwirtschaft wie auch in der Gesellschaft.
Für die Umsetzung ihrer Forderungen hat die Organisation die „Science Based Targets“- Initiative gegründet, der sich mittlerweile viele internationale Unternehmen angeschlossen haben. Die erklärten Ziele sind dabei ein nachhaltiges Finanzsystem, die Förderung klimaneutraler Technologien sowie Geschäftsmodelle im Einklang mit der Tragfähigkeit unseres Planeten.
DIE MUTTER ALLER FINANZBLASEN
Die erste Finanzblase in Europa drehte sich um die sogenannte Tulpenmanie. Die bis 1630 in Europa unbekannte Tulpe entwickelte sich schnell zum Statussymbol des Adels – vor allem in Amsterdam, wo die exotischen Blumen erstmals europäischen Boden erreichten. In diesem wirtschaftlich erfolgreichen Zeitalter fand aber auch der wohlhabende Mittelstand Gefallen an den auffälligen Blüten. Berichte über sensationelle Gewinne heizten die Spekulationsblase weiter an.
1634 war eine einzige Blumenzwiebel mehr wert als ein vornehmes Stadthaus in Amsterdam. Um die Nachfrage abzuschöpfen, wurden neue Finanzprodukte entwickelt: Mit einem Vorläufer unserer heutigen Futures-Kontrakte konnten Käufer*innen mit Tulpenzwiebeln spekulieren, ohne sie physisch zu besitzen. Damit waren alle Voraussetzungen für einen Crash gepflanzt. Nach ihm besaßen Tulpen nur noch den Wert von Gemüsezwiebeln und Hunderte Händler waren bankrott.
Der Standard für Nachhaltigkeit: ESG
Diese Visionen, Absichtserklärungen und teilweise schon in Gesetzgebung gegossenen Vorgaben müssen jeweils individuell von den Marktteilnehmern umgesetzt werden. Um die zukunftsorientierten Aktivitäten eines Unternehmens konkret nachvollziehbar und vergleichbar zu machen, wurde mit den ESG-Kriterien ein erster standardisierter Katalog für nachhaltige Unternehmensstrategien definiert. Das Akronym ESG steht für Umwelt, Soziales und Governance (Unternehmensführung). Damit können die Nachhaltigkeit und Ethik eines Unternehmens über die reinen Rentabilitätskennzahlen (KPIs) hinaus bewertet werden.
Für die praktische Umsetzung der ESG-Kriterien existieren allerdings noch keine konkreten Vorgaben, was eine Vergleichbarkeit erschwert. Normung kann hier als Instrument unterstützen.
Babylonische Vielfalt versus spartanische Klarheit
Neben den ESG-Standards existieren weitere Regelwerke – teilweise von den gleichen Autoren. Dazu zählt allen voran der GRI-Standard; er war in der Vergangenheit das Maß aller Dinge für freiwillige Nachhaltigkeitsberichte. 80 Prozent der weltweit größten 250 Unternehmen nutzen GRI-Richtlinien bereits für die Erstellung universeller, themen- und branchenspezifischer Berichte. Ob ESG oder GRI – diese Kriterien waren und sind mehr als reine betriebswirtschaftliche Kennzahlen. Sie dienen der Politik als Meilensteine und Investoren als Leuchttürme. Sie helfen damit dem Unternehmen, Investitionsrisiken berechenbarer zu machen und gleichzeitig positive Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft zu erzielen.
Nachhaltige Finanzen
Die Integration von ökologischen, sozialen und Governance-Faktoren bei Finanzierungs- und Investitionsentscheidungen wird unter dem Stichwort „Sustainable Finance“ subsumiert. Mit dem Wunsch vieler Menschen, Organisationen und Regierungen für eine nachhaltigere Zukunft gewinnt dieser Ansatz an Bedeutung. Mittlerweile existieren verschiedene Instrumente und Strategien für eine gezielte und nachhaltige Finanzierung: Die Bundesregierung hat beispielsweise einen Sustainable-Finance-Beirat ins Leben gerufen, der sie dabei unterstützt, Deutschland zu einem führenden Sustainable-Finance-Standort zu machen. Auch die Finanzinstitute haben bereits entsprechende Produkte entwickelt: Die Bandbreite reicht von grünen Anleihen, die speziell zur Finanzierung umweltfreundlicher Projekte ausgegeben werden, bis hin zu nachhaltigen Investmentfonds.
Vor dem Hintergrund des Pariser Klimaabkommens haben europäische Regierungen Programme aufgelegt, mit denen sie nachhaltige Finanzierung fördern und regulieren wollen. Sie haben dazu Leitlinien und Rahmenwerke entwickelt, welche die Transparenz und Berichterstattung auf Basis von ESG-Faktoren unterstützen. Einige Länder haben darüber hinaus auch steuerliche Anreize für nachhaltige Investitionen eingeführt, um den Markt weiter anzukurbeln und private Investoren anzusprechen.
KRYPTOWÄHRUNGEN: KAUM NACHHALTIG
Wie viel Nachhaltigkeit steckt eigentlich in Kryptowährungen? Unter dem Umweltaspekt betrachtet sieht es für die Cyberdevisen nicht gut aus, denn die Erzeugung verbraucht viel Strom. Verantwortlich dafür ist die zugrundeliegende Blockchain- Technologie, ein weltweites und sehr leistungsfähiges Computer-Netzwerk. Das wird für die Transaktionen und zum sogenannten Schürfen von beispielsweise Bitcoins benötigt. Expert*innen sind sich nicht ganz einig, wie hoch der Stromverbrauch im Kryptobereich ist. Die Schätzungen variieren von 50 bis mehr als 140 Terawattstunden pro Jahr. Zum Vergleich: In der gesamten Bundesrepublik werden jährlich rund 500 Terawattstunden verbraucht. Kryptowährungen der zweiten Generation basieren auf einer etwas anderen Technik, die keine komplizierten und energieintensiven Rechenoperationen benötigen. Ethereum ist ein Beispiel dafür, die auf eine grüne Blockchain setzt und so ihren Stromverbrauch um 99,5 Prozent senken konnte.