Innovation – souverän und digital
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Eine Illustration, die einen Mann im Anzug zeigt, der im Geldregen über der Erde springt.

Innovation und technologische Souveränität

Wer Vorreiter sein will, der muss technologisch gestalten können. Ob Künstliche Intelligenz (KI), Cloud-Infrastruktur oder Satellitenkommunikation – technologische Souveränität ist heutzutage längst eine strategische Währung, um in der digitalen und analogen Welt unabhängig zu agieren. Die Devise lautet: selbst Standards setzen, statt die anderer zu nutzen.

Mission Technologietransfer

Das sieht auch die Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung e. V. so und engagiert sich aktuell mit 617 Forscherinnen und Forschern in rund 1.430 Gremien. Gegenwärtig ist der Verein unter anderem an der Entwicklung von neuen Normen in den Feldern Quantentechnologie und Batterietechnologie beteiligt. Die größte Organisation für angewandte Forschungs- und Entwicklungsdienstleistungen in Europa hat dabei eine klare Mission: den Transfer von Technologie in den Markt und in die Gesellschaft unterstützen. Normen haben dabei eine Schlüsselrolle, denn sie helfen beim Markteintritt und erleichtern den Technologietransfer. Konkret ermöglicht die aktive Mitarbeit im Normungsprozess der Fraunhofer-Gesellschaft, Unternehmen besser zu verstehen und Schwerpunkte bedarfsgerecht zu setzen. Das ist vor allem dann wichtig, wenn für eine Technologie noch keine Norm existiert. Die Organisation unterstützt auf diese Weise dabei, das normungstechnische Fundament für neue Technologien zu legen und diese wirtschaftlich zu erschließen. Normung ist damit nicht nur ein Instrument zur Qualitätssicherung, sondern auch der Wertschöpfung. Dank ihr kann die Fraunhofer-Gesellschaft neue Prüfverfahren im Rahmen der Qualitätsinfrastruktur etablieren. „Der Zugriff auf das DIN-Normenwerk und unser Engagement in den Normenausschüssen erlaubten es, unsere Technologien an die Erfordernisse des Marktes anzupassen“, sagt Raoul Schönhof, Manager Technologietransfer bei der Fraunhofer-Gesellschaft.

„Um am Markt akzeptiert zu werden, muss sich nahezu jede neue Technologie in bestehende Systeme einfügen.“

Alle relevanten Informationen: der digitale Produktpass

Ein wichtiger Schritt zu mehr Digitalisierung und Vertrauen ist der digitale Produktpass (DPP), dessen Entwicklung DIN gemeinsam mit der Deutschen Kommission für Elektrotechnik (DKE) auf nationaler und internationaler Ebene voranbringt. Standards dienen dabei als Leitplanken, die Unternehmen verlässliche Vorgaben für Datenformate, Schnittstellen und Prozesse an die Hand geben, um digitale Produktpässe effizient und interoperabel einzuführen. Denn ein DPP führt alle relevanten Informationen zu einem Produkt sowie seinen Komponenten, Materialien, Inhaltsstoffen, Ersatzteilen, Reparierbarkeit und Entsorgung in einem maschinenlesbaren Format zusammen – standardisiert durch Normen. Die Europäische Union hat ihn in ihrer seit 2024 geltenden Ökodesign-Verordnung verankert. Ab 2027 wird er für erste Produktgruppen wie Batterien und Elektrogeräte verpflichtend und verbessert die Rückverfolgbarkeit entlang globaler Lieferketten.

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Chem-X – Datenökosystem der Chemiebranche

Für Unternehmen wie BASF ist der DPP ein zentrales Werkzeug, um zu einem einheitlichen Austausch von Materialinformationen zu gelangen. Der gegenwärtige Datenfluss per E-Mail, PDF, Word-, Excel- und PowerPoint-Dateien ist umständlich und zeitraubend. Digitale Produktpässe können das ändern, indem sie einer vorgegebenen Definition folgen und ein maschinenlesbares Austauschformat nutzen. Einen wichtigen Grundstein dafür legt Chem-X, welches die standardisierten Datenmodelle eines DPP konsequent nutzt. Das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWE) geförderte Projekt verfolgt das Ziel, ein interoperables Datenökosystem für die chemische Industrie zu schaffen, um Daten umfassend entlang der gesamten Wertschöpfung auszutauschen. Dabei geht es nicht allein um den Transfer innerhalb der Chemieindustrie, sondern auch um die interoperable Anbindung an Abnehmerindustrie. Chem-X folgt dabei dem Anspruch, die Effizienz von Lieferketten zu verbessern, eine transparente Kommunikation von Nachhaltigkeitskennzahlen zu ermöglichen und die Widerstandsfähigkeit der Branche durch digitale Tools zu stärken.

Standards für neue Technologien sind definiert – doch wie nutzen Audi, TÜV und andere Unternehmen digitale Normen konkret im Alltag? Antworten darauf erhalten Sie in Teil 4 unserer Titelgeschichte. 

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