Qualität und Sicherheit in digitalen Welten
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© Götz Schleser

Text: Christoph Winterhalter

Künstliche Intelligenz, vernetzte Fahrzeuge oder Smart Homes: die digitale Transformation bringt ganz besondere Herausforderungen bezüglich der Produktqualität und -sicherheit mit sich.

Was für ein Auftakt ins Jahr 2020. Mitte Januar veröffentlichte die Nachrichtenagentur Bloomberg ihren jährlichen „Innovations-Index“. Und siehe da: Deutschland toppt das Ranking. Platz eins. Eine vielversprechende Momentaufnahme, aber auch nicht mehr. Wir sind in Deutschland und Europa unbestritten stark in traditionellen Industrien. Darauf dürfen wir stolz sein – uns aber keineswegs darauf ausruhen. Sonst verlieren wir den Anschluss und die Deutungshoheit, droht uns der stille Niedergang einst führender Marktteilnehmer.

Die digitale Transformation verändert das Spielfeld, auf dem wir uns bewegen, rapide. Wenn wir eine Position beziehen wollen, die uns als Europäer bei diesem drängenden Thema Wettbewerbsvorteile verschafft, dann müssen wir an Geschwindigkeit zulegen. Dann dürfen wir nicht den Nachahmer geben und sollten uns auf unsere Stärken konzentrieren. Wir sollten ein Terrain ausbauen und auf die Digitalisierung ausrichten, das wir schon sehr lange erfolgreich besetzen – das Thema Qualität. Denn der Erfolg einer Innovation lebt von Vertrauen, Vertrauen in Qualität und Zuverlässigkeit. Das war schon bei Dampfmaschine so. Und wird auch beim autonomen Auto so bleiben.

Durch den digitalen Wandel entstehen kontinuierlich neue Prüfprodukte. Diese stellen uns vor Herausforderungen, beispielsweise durch das Zusammenspiel von Hard- und Software und dynamische Produktzustände – etwa bei Lösungen rund um die Künstliche Intelligenz, vernetzten Fahrzeugen oder im Smart Home: Ärzte nutzen heute schon KI-gestützte Verfahren zur Bildanalyse. Was sie und ihre Patienten aktuell noch nicht wissen: Warum sie der KI vertrauen sollten. Denn: es gibt aktuell weder ein Verfahren noch eine Vorschrift, mit dem wir den Hersteller verpflichten, die Qualität seiner KI nachzuweisen. Einige Autos erhalten schon heute Software-Updates über das Internet. Über Nacht hat das Fahrzeug dann plötzlich mehr Leistung. Ist das Auto noch TÜV-konform? Auch im heimischen Wohnzimmer des Smart Home ist noch so manches unklar. Der Bewohner steuert dort beispielsweise die Beleuchtung und Elektrogeräte über sein Smartphone. Wie wird sichergestellt, dass der Nutzer die Souveränität über seine Nutzungsdaten behält? Das gilt es noch zu klären.

„Es muss uns gelingen, die bislang noch überwiegend linearen Ansätze in der Qualitätssicherung so zu gestalten, dass sie sich mit neuen Produkten und Services dynamisch weiterentwickeln – von der Entwicklung bis zum Recycling.“

Die gute Nachricht vorweg: Die oben beschriebenen Fälle stehen beispielhaft für aktuelle Herausforderungen im Umfeld der Digitalisierung. Dafür werden wir in Deutschland und Europa Lösungen finden, die zu echten Standortvorteilen werden können – wenn wir die Dinge jetzt anpacken. Dafür muss es uns gelingen, die bislang noch überwiegend linearen Ansätze in der Qualitätssicherung so zu gestalten, dass sie sich mit neuen Produkten und Services dynamisch weiterentwickeln – von der Entwicklung bis zum Recycling. Mit den fünf Pfeilern von Qualität und Qualitätssicherung haben wir in Deutschland bereits eine solide Basis: Wir können Messwesen (Metrologie), Normung und Standardisierung, Akkreditierung, Konformitätsbewertung und Marktüberwachung so weiterentwickeln, dass sie auch den neuen Herausforderungen gerecht werden. Dann bleibt „Made in Germany“ ein Qualitätsversprechen. Eine starke europäische Qualitätsinfrastruktur (QI) bietet die einmalige Chance für uns, bei der Digitalisierung eine Spitzenposition einzunehmen. Dieser Herausforderung stellen wir uns. Mit vereinten Kräften aller europäischen Stakeholder.

Christoph Winterhalter

ist Vorstandsvorsitzender von DIN und seit Januar 2022 zusätzlich Vice President Policy der internationalen Normungsorganisation ISO.

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