Der Normungsprozess im Wandel

Am Knotenpunkt von Inhalt und Anwendung
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Eine Frau blickt nach oben zu einer grünen Wand.
© Goetz Schleser

Von wegen Dienstleister: Sabine Hertel ist mit ihrem Team fester Teil des Normungsprozesses – und seit Jahrzehnten nicht nur fasziniert davon, wie Normung die Welt verändert, sondern auch aktive Treiberin des Wandels.

In ihrer Freizeit reist Sabine Hertel gerne, zum Beispiel zu einem ihrer acht Enkel, die von Sachsen-Anhalt bis Südindien überall auf der Welt leben, zum Skifahren am Dachstein, wo sie sich beim Anblick der schneebedeckten Gipfel schlagartig entschleunigt, geerdet und erholt fühlt – oder auf die Kykladeninsel Naxos, wo sie einen ihrer Herzensorte gefunden hat. Ihr anderer Herzensort ist der Bereich Prozessmanagement und Normung bei DIN, wo jede Norm und jeder Standard über ihren Schreibtisch gehen – sogar mehrmals. 

Als Abteilungsleiterin überblickt Hertel gemeinsam mit ihrem Team aus knapp 80 Mitarbeitenden den gesamten Normungsprozess. Von der Redaktion, die die Normendokumente sowohl für Print als auch den Übergang in XML-Systeme strukturiert und aufbereitet, zum Zeichenbüro, das alle Grafiken erstellt. Von der IT-Koordination und Projekt-, Adress- und Gremienverwaltung (IPAG), die die Datenqualität verantwortet, die internen Datenbanken mit Informationen füttert und strukturiert und IT-Tools für die Abteilung betreut, hin zu den Verantwortlichen für Prozessqualität und -prüfung, die sicherstellen, dass die Dokumente dem Normenwerk inhaltlich nicht widersprechen und formale Regeln einhalten. „Unsere Rolle ist unterstützend, aber wir sind nicht nur Dienstleister, sondern fest im Normungsprozess verankert. Wir sind sozusagen der Knotenpunkt von inhaltlicher Arbeit und Anwendung“, sagt sie.

Auf Smart Standards ausrichten

An dieser Schnittstelle verantwortet Sabine Hertel auch strategische Projekte rund um den Normenverarbeitungsprozess. Aktuell richtet sie ihre Abteilung auf Smart Standards aus: „Wir arbeiten momentan daran, ein Kollaborationstool und Texteditor einzuführen, der im Gegensatz zu klassischen Programmen im Hintergrund automatisch XML-Content ausgibt. So können Anwender*innen die Normen und Standards auch digital weiterverarbeiten und schneller die Informationen finden, die sie suchen. Wenn wir künftig die Texte und Grafiken der Norm in diesem Programm strukturieren können, spart das viel Zeit und Mühe.“ Das Programm ist bereits in der internationalen und europäischen Normung im Einsatz, sodass Hertels Mitarbeitende an Pilotprojekten teilnehmen und erste Erfahrungen sammeln konnten.

„Wir sind sozusagen der Knotenpunkt von inhaltlicher Arbeit und Anwendung.“

Den Wandel der Normung miterleben

Zu DIN kam die Expertin für Werkstoffwissenschaften, die in einer Cover-Band für gute Gitarrenmusik singt, vor mehr als 27 Jahren, als sie der Empfehlung einer Freundin folgte. Zunächst arbeitete sie fünf Jahre in der Zertifizierung, bevor sie schließlich in den Bereich wechselte, den sie heute leitet. „Ich habe nach einer neuen Herausforderung gesucht und sie in der Normung vom ersten Tag an gefunden. Unsere Arbeit mag für Außenstehende trocken klingen, aber in Wirklichkeit ist sie unheimlich spannend: Wir erleben die gesamte Bandbreite an Themen, mit denen sich die Expert*innen bei DIN beschäftigen. Jenseits von technischen Details können wir beobachten, wie sich unsere Welt verändert und unterschiedliche Perspektiven und Interessen mal aufeinanderprallen und sich mal besser vereinen lassen. Dieses Spannungsfeld hat mich gleich in seinen Bann gezogen. Wie kann man da nicht begeistert sein?“

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