Normen enthalten wichtige Informationen. Um die für den jeweiligen Anwendungsfall relevanten schnell zu finden und dafür nicht mehr manuell ganze Dokumente durcharbeiten zu müssen, arbeitet DIN Media mit verschiedenen Lösungen auf Basis von Machine Learning.
Technische Regeln und Rechtsnormen fachlich zu durchdringen ist anspruchsvoll und zeitaufwendig, solange Anwender*innen die für sie relevanten Informationen nur ermitteln können, wenn sie Papier oder PDF-Dokumente manuell durcharbeiten. „Unsere Kund*innen benötigen dringend intelligentere Lösungen, die solche Auswertungen erleichtern“, sagt Dominik Grau, Geschäftsführer bei DIN Media. „Wir arbeiten deswegen mit DIN und DIN-Software zusammen, um Normen künftig in Formaten zur Verfügung zu stellen, die digital gelesen, aufbereitet und maschinell verarbeitet werden können – beispielsweise mittels KI oder Machine Learning (ML).“
FORMELN LEICHTER EXTRAHIEREN
Im Fokus eines aktuellen Projekts stehen mathematische Formeln, die in vielen Normen enthalten sind. „Im Arbeitsalltag vieler Branchen sind Formeln und ihre korrekte Anwendung wichtig, um Sicherheits- und Qualitätsstandards einzuhalten. Sie kennzeichnen, individuell ausspielen und dokumentenübergreifend vernetzen zu können, ist also sehr hilfreich“, sagt Sven Bergander, Leiter Plattformen und Prozesse bei DIN Media. Zusammen mit dem Institut für Product Engineering der Universität Duisburg-Essen arbeitet DIN Media daran, Formeln zu identifizieren, zu isolieren und separat auslesbar zu machen. Künftig sollen diese Formeln KI- und ML-gestützt semantisch so verknüpft werden, dass Anwender*innen die benötigte inklusive Zusatzinformationen extrahieren, weiterverarbeiten und nutzen können.
REQUIREMENTS AUFBEREITEN
„Wer sich im Arbeitsalltag eng an standardisierten Prozessen orientiert, muss die Requirements, also präzise formulierte Anforderungen aus allen relevanten Normen, schnell zur Hand haben“, sagt Andreas Werrnicke, Stabstelle SMART Standards bei DIN Media. „Diese sind in der Regel sprachlich gut strukturiert.“ Mit Hilfe in der Industrie etablierter Formate wie ReqIF lassen sich Requirements gesondert auslesen und in geeignete kundenspezifische Requirements-Management-Systeme (RMS) importieren. DIN Media entwickelt aktuell eine Lösung, die mittels passender Dateiformate wie XML diesen Prozess beschleunigen soll. Die relevanten Informationen können so anschließend inklusive Details zur Norm selbst in Product-Life-Cycle-Management-Prozesse überführt werden.
Natural Language Processing (NLP)
kann dies unterstützen, denn nicht immer sind die Vorgaben einer Norm durch festgelegte Begriffe gekennzeichnet, sodass sie nur mit detailliertem Fachwissen als solche zu erkennen sind. Um den Rechercheaufwand zu minimieren, entwickelt DIN Media zusammen mit Expert*innen für ML und Datenvisualisierung NLP-basierte Sprachmodelle, die genau solche Formulierungen herausfiltern und mit weiteren relevanten Normen-Informationen verknüpfen. Verbindet man beide Ansätze, entsteht eine KI- und ML-gestützte Eingabeform, die Requirements identifiziert und in ReqIF konvertiert.
MATERIALEIGENSCHAFTEN AUSLESEN
Im Produkt- und Bauteileentwicklungsprozess müssen die Verantwortlichen die passenden Werkstoffe und relevante Normen ermitteln. Das funktioniert auf Basis der Merkmalsbeschreibungen für Werkstoffe, Produkte und Anwendungsfälle im Normungstext. „Um diesen Prozess anwender*innenfreundlicher zu gestalten, prüfen wir gerade, wie sich Normen maschinell verarbeiten lassen“, sagt Normen Günzroth, Leiter Technologie-Services bei DIN Media. „Die Lösung soll Normen, Materialien und ihre Eigenschaften miteinander verknüpfen sowie die Beziehungen zwischen einzelnen DIN-Normen und zu technischen Spezifikationen oder Werknormen der Hersteller darstellen können.“ Die Anwender*innen geben dann nur die Informationen aus ihrem konkreten Anwendungsfall in eine Maske ein und erhalten eine Liste relevanter Normen, in denen die wichtigen Textstellen schon hervorgehoben sind.
„Das deutsche, europäische und internationale Normenwerk ist sehr umfangreich, sodass ML einen echten Mehrwert bieten kann. Mit diesen Lösungen sparen die Anwender*innen viel Zeit bei der Suche nach den für sie relevanten Informationen“, sagt Grau.