Biometrisches Million-Dollar-Smile
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Den Rechnungsbetrag an der Supermarktkasse einfach weglächeln? Das klingt nach einer Wunschvorstellung. Dabei ist diese Zahlungsmethode längst keine Utopie mehr: Biometrische Erkennungssysteme ermöglichen über einen 3D-Gesichtsscan schon heute bargeldloses Zahlen. Doch was hält uns im Alltag davon ab?

Personen über biologische Merkmale wie Fingerabdrücke, Gesichtsform oder Stimme zu identifizieren, ist nicht nur für Polizei, Geheimdienst oder Behörden interessant. Biometrische Erkennungssysteme halten zunehmend Einzug in unseren Alltag. Smartphone entsperren, Apps nutzen oder eine Überweisung tätigen – inzwischen ist das ohne Kennwort möglich. Jedenfalls ohne das berühmte Passwort „123456“. Die nötige Zugangsberechtigung ist physischer Natur: Das Fingerlinienmuster, die Regenbogenhaut, der Venenverlauf in Hand oder Finger, die Stimme oder die Handschrift bieten ausschlagkräftige Informationen über die befugte Person. Biometrik (altgriechisch: „das Maß des Lebens“) modernisiert weltweit Finanz- und Komfortanwendungen sowie Zugangskontrollen zu Bereichen und IT-Systemen.

Passwort vergessen

Sind die biometrischen Verfahren richtig ausgewählt und gestaltet, punkten sie durch eine hohe Sicherheit. Im Vergleich zu besitz- oder wissensbasierten Authentisierungsverfahren lassen sich biometrische Systeme um einiges bequemer anwenden. Schließlich sind Gesicht und Finger bestenfalls immer dabei – man kann sie also schwer vergessen. Eine kleine Bewegung und schon ist das Smartphone entriegelt. Eine aktuelle Studie des DIN-Verbraucherrats, durchgeführt von Fraunhofer IGD, bezeichnet das biometrische Entsperren des Smartphones sogar als „Killer-Applikation“: 94 Prozent der Studienteilnehmer, die biometrische Verfahren nutzen, öffnen ihr Handy per Fingerabdruck. Mit dieser Anwendung gelang dem biometrischen Fingerscan der Durchbruch im Verbraucheralltag.

Zwei Gesichter

Alles schön und gut – aber wo ist der Haken? Wie so oft stellt der größte Vorteil gleichzeitig auch den größten Nachteil dar: Der Anwender trägt seine biometrischen Daten ein Leben lang bei sich. Passwort „123456“ kann man wechseln, doch die Merkmale des Gesichts (zum Bedauern mancher) nicht. Nach der europäischen Datenschutzgrundverordnung handelt es sich bei biometrischen Daten um besonders schützenswerte personenbezogene Daten. Ihre Verarbeitung ist nur mit ausdrücklicher Einwilligung der betroffenen Person oder auf gesetzlich geregelter Grundlage erlaubt. Kein einfaches Unterfangen.

Siegt die Skepsis?

Die Studie des Verbraucherrats zeigt: Eine Mehrheit der Befragten sieht biometrische Erkennungssysteme als nutzerfreundlich und sicher an, kennt aber auch ihre Risiken. Die Entscheidung für oder gegen die Biometrie hängt bei den Nutzern von der Akzeptanz der Systeme ab. Vor allem Verbraucher in der Altersgruppe über 60 Jahren stehen biometrischen Authentisierungsverfahren skeptisch gegenüber. Die Sorge vor Datenmissbrauch oder der Zweifel an der Funktionstüchtigkeit des Systems hemmen Personen, die neuen Technologien auszuprobieren. Auch schätzt ein Teil der Befragten das Einrichten der Biometrie auf ihren Geräten als zu kompliziert ein.

Transparenz gefragt

Tim Salatzki vom DIN-Verbraucherrat weiß, worauf es dem Nutzer bei biometrischen Erkennungssystemen ankommt. Er setzt sich dafür ein, dass in der Normung Verbraucherinteressen berücksichtigt werden. „Der Schutz persönlicher Daten steht immer an erster Stelle, so sollte es auch bei biometrischen Systemen sein. Zusätzlich müssen diese für alle zugänglich sein und auf freiwilliger Basis genutzt werden können.“ Ziel ist es, Verbraucher vor gesundheitlichen oder ökonomischen Nachteilen zu bewahren. Um diese feststellen zu können, müssen die Hersteller transparent handeln. Nur so lassen sich die biometrischen Technologien auf den Märkten vergleichen. Bei biometrischen Systemen treffen zahlreiche Komponenten verschiedener Hersteller aufeinander. Internationale Normen und Standards unterstützen hier und ermöglichen eine reibungslose Interaktion der Beteiligten. Gleichzeitig schützen sie die nötigen Verbraucherinteressen.

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