… ist digital. In Anbetracht von Digitalisierung und automatisierten Prozessen werden sich die Normung sowie die Aufbereitung und Bereitstellung von Normen grundlegend verändern. Von diesem Wandel profitieren am Ende alle Anwender*innen.
Die Digitalisierung in der Industrie schreitet voran und mit ihr wird sich auch die Normung anpassen. Das Internet der Dinge, Industrie 4.0, Künstliche Intelligenz und eine stärkere Automatisierung leben von gut strukturierten Daten, die sich maschinell auslesen und anwenden lassen. Automatisierte Prozesse benötigen zahlreiche Informationen aus Normen und Standards, wie Anforderungen, mathematische Formeln, Prozessvorgaben und Metadaten. Anwendungsbezogene Informationen aus Normen verteilen sich jedoch meist über verschiedene Dokumente und Abschnitte. „So benötigen beispielsweise Konstrukteur*innen zu einem Anwendungsfall oft verschiedene Inhalte aus mehreren Normen. Diese müssen sie selbst zusammensuchen, um eine Lösung für ihre jeweilige Aufgabe zu finden. Wenn in Zukunft nicht nur Menschen die Informationen schneller finden, sondern auch Maschinen sie nutzen sollen, müssen wir sie entsprechend aufbereiten und bereitstellen“, sagt Andreas Wernicke, Leiter SMART Standards bei DIN Media. Auch wenn digitale PDF-Dokumente die Papierform weitestgehend ersetzt haben, sind deren Inhalte weiterhin auf die menschliche Nutzung und Interpretation ausgerichtet. Deshalb sollen in Zukunft sogenannte SMART Standards die Normen von heute schrittweise ablösen und so die digitale Transformation unterstützen. Der Name SMART setzt sich zusammen aus den Begriffen Standards, Machine (maschinell), Applicable (einsetzbar), Readable (lesbar) und Transferable (übertragbar).
Kein Interpretationsspielraum
Seit den ersten Konzepten im Jahr 2017 befassen sich Expert*innen des Deutschen Instituts für Normung e. V. und der Deutschen Kommission Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik in DIN und VDE (DKE) zunehmend mit der Frage, wie Normen und Standards gestaltet sein müssen, damit Maschinen sie verarbeiten können. Im Fokus stehen dabei fragmentierte Inhalte, die spezifische und aktuelle Einzelinformationen liefern. „Maschineninterpretierbare Dokumente müssen von Grund auf anders geschrieben werden als Inhalte für Menschen. So kann eine Maschine Füllwörter und verschachtelte Formulierungen, die wir in unserer natürlichen Sprache gewohnt sind, nicht richtig verstehen. Ein fragmentierter und maschineninterpretierbarer Text enthält möglichst nur eine eindeutige Aussage oder Anforderung pro Satz und lässt keinen Spielraum für Interpretationen. Auch Tabellen, die heute häufig wichtige Normeninhalte aufschlüsseln, sind für das menschliche Gehirn gestaltet“, erklärt Wernicke.
Grundlegender Wandel erforderlich
Damit SMART Standards Realität werden, muss sich die gesamte Wertschöpfungskette der Normung und Standardisierung von der Entwicklung der Normen über deren Bereitstellung bis zur Anwendung verändern. Wie in allen Bereichen der Digitalisierung gilt dabei: Das Ergebnis ist nur so gut wie die Datengrundlage. „Deshalb müssen wir am Anfang der Kette ansetzen: Schon wenn die Expert*innen sich abstimmen, welche Inhalte in eine Norm sollen, müssen sie gemeinsam mit Fachleuten für Maschinenlesbarkeit die erforderlichen Informationen strukturiert integrieren. Hochwertige und zuverlässige SMART Standards sind also nur möglich, wenn wir Normen überarbeiten oder neu erstellen“, so Wernicke. Gleichzeitig werden neue Vorgehensweisen die Zusammenarbeit an den komplexen Normendokumenten vereinfachen. „Die Devise heißt jetzt, sich einfach mal trauen und die neuen Prinzipien und Tools ausprobieren. Dann spüren wir auch schnell die Vorteile digitaler Normen und können von ihnen profitieren“, sagt Wernicke.
„Die Devise heißt jetzt, sich einfach mal trauen und die neuen Prinzipien und Tools ausprobieren. Dann spüren wir auch schnell die Vorteile digitaler Normen und können von ihnen profitieren“
Andreas Wernicke, Leiter SMART Standards bei DIN Media.
Gemeinsam gestalten
Derzeit gibt es noch keinen internationalen Standard für digitale Normen, doch zahlreiche Normungsorganisationen arbeiten bereits an dem Thema. National treibt es die Initiative Digitale Standards (IDiS) voran, die DIN und DKE 2020 ins Leben gerufen haben. Verschiedene Arbeitsgruppen entwickeln hier zurzeit ein gemeinsames Verständnis von SMART Standards. Erste Pilotprojekte sind bereits angelaufen. „In IDiS probieren und gestalten wir gemeinsam Neues, tauschen Erfahrungen aus und erschließen weitere Anwendungsfelder“, so Peter Rauh, Projektkoordinator in der Abteilung Informationstechnologie bei DIN. „Interessierte sind herzlich willkommen, sich einzubringen und an der Normung von morgen mitzuarbeiten.“ IDiS beteiligt sich zudem an den europäischen und internationalen Aktivitäten zum Thema. Insbesondere in Europa wird eine abgestimmte Vorgehensweise angestrebt. Hier ist die Standards-of-the-Future-Initiative der Europäischen Normungsorganisationen CEN und CENELEC aktiv, während international die Initiative ISO SMART der Internationalen Organisation für Normung (ISO) abgestimmt mit Arbeiten der Internationalen Elektrotechnischen Kommission (IEC) läuft. Auf beiden Ebenen bringen sich auch über IDiS deutsche Vertreter*innen von DIN und DKE ein.
„Wir müssen Normung und Standardisierung jetzt verändern und digitalisieren, damit sie die Wirtschaft auch künftig unterstützen. Die Normenanwender*innen werden von diesem Wandel profitieren und fragen ihn ebenso aktiv nach. In Zukunft können sie spezifische Inhalte für ihre Anwendungsfälle leicht extrahieren und passgenau in ihre Systeme einfließen lassen – das spart Zeit, Geld und erhöht die Qualität, da alle Informationen so vollständig und aktuell sein werden“, sagt Rauh. „Die Umstellung gelingt jedoch nur, wenn alle Akteur*innen mitziehen.“
Webtipp:
Mehr über SMART Standards und Möglichkeiten zur Mitarbeit bei IDiS erfahren Sie hier:
www.din.de/go/digitalenorm