Normen für das Klima
Ausgabe
4 min
© Götz Schleser

Text: Sibylle Gabler

Sibylle Gabler über Normen als Umsetzungshebel für mehr Klimaschutz sowie die Anpassung an die Folgen des Klimawandels.

Deutschland befindet sich mitten in einem umfassenden Transformationsprozess hin zu einer klimaneutralen und nachhaltigen Wirtschaft und Gesellschaft. Der sich beschleunigende Klimawandel erzwingt rasches und einschneidendes Handeln parallel in vielen Sektoren und Lebensbereichen. Zudem sind Anpassungsmaßnahmen erforderlich, um die sichtbaren Folgen des Klimawandels abzumildern. Die Normung kann hierbei eine entscheidende Stütze sein.

„CALL FOR ACTION“ IN DER WELTWEITEN KLIMAPOLITIK

In der internationalen Klimapolitik stehen u. a. Bestrebungen zum Erreichen der Treibhausgas-Neutralität und zur Annäherung an das 1,5-Grad-Ziel im Fokus, wie das Pariser Klimaabkommen oder der „Call for Action on Adaptation and Resilience“ der United Nations (UN). Die globale Tragweite wird in den UN-Nachhaltigkeitszielen (SDGs), insbesondere SDG Nr. 13 „Maßnahmen zum Klimaschutz“, unterstrichen.

Auf europäischer Ebene hat die Politik mit der Agenda 2030, dem Fit-for-55- Programm oder auch dem European Green Deal einen ambitionierten Rahmen geschaffen. Während dieser schrittweise seit einigen Jahren aufgebaut worden ist, hat der Krieg in der Ukraine die Perspektiven, auch auf den Klimaschutz, noch einmal deutlich verändert. Insbesondere die energiewirtschaftliche Transformation ist in den Fokus gerückt und soll massiv beschleunigt werden. Dies gilt gleichermaßen für die Sektoren Strom, Wärme und Verkehr.

In Deutschland haben das Klimaschutzgesetz, das Klimaschutzprogramm 2030 oder das Osterpaket zur Beschleunigung des Ausbaus erneuerbarer Energien die Richtung vorgezeichnet. Bis 2026 plant die Bundesregierung rund 200 Milliarden Euro in den Klimaschutz und die klimaneutrale Transformation zu investieren. Bis 2045 soll Deutschland klimaneutral werden. Da die bisherigen Klimaschutzmaßnahmen dafür nicht ausreichen, steuert die Bundesregierung derzeit aktiv nach. Zum Erreichen der Klimaziele muss auch die Industrie ihre Treibhausgasemissionen verringern. Dafür braucht es mehr erneuerbare Energien, Wasserstofftechnologie, mehr Energie- und Ressourceneffizienz sowie neue Produktionsverfahren.

 

NORMUNG ALS WICHTIGER UMSETZUNGSHEBEL

In den zu diesen politischen Strategien gehörenden Aktionsplänen bestehen vielfach bereits Bezüge zur Normung als wichtigem Umsetzungshebel. So hat die internationale Normungsorganisation ISO bereits 1.217 bestehende Normen identifiziert, die direkt auf das Klima einzahlen. Und viele weitere befinden sich in Arbeit bzw. werden bei turnusmäßigen Überarbeitungen das Thema ebenfalls stärker in den Fokus stellen. Denn im September 2021 haben die ISO-Mitglieder mit der London Declaration ihr Versprechen zum Klimaschutz und zur Anpassung an den Klimawandel besiegelt. Zahlreiche nationale Normungsinstitute haben sich dazu bekannt und ihre Mitwirkung zugesichert, so auch DIN, denn wir sind davon überzeugt, dass Normen und Standards einen essentiellen Beitrag zur Bekämpfung der Klimakrise leisten können.

Normen und Standards bieten Sicherheit und den Marktbeteiligten und Regulierungsbehörden ein notwendiges Instrumentarium für einen strukturierten Transformationsprozess. Dies gilt auch für die Einbettung neuer nationaler energie- und klimapolitischer Maßnahmen in die europäischen Energieinfrastrukturen und -märkte. Normen und Standards bilden hier die Voraussetzung für eine erfolgreiche Synchronisation und Integration von Prozessen und Infrastrukturen.

Veranstaltungstipp:

Besuchen Sie zum Austausch mit der großen Stakeholder*innen- Community auch die Online-Frühstücksreihe von DIN, DKE und VDI zum Thema Klima und Normung: Klimafrühstücksreihe auf din.de

KLIMAPOLITISCHE GESAMTSTRATEGIE AM RUNDEN TISCH DER NORMUNG

In seiner Studie „Adaptation Standard: Analyse bestehender Normen auf Anpassungsbedarfe bezüglich Folgen des Klimawandels“ zeigte das Umweltbundesamt (UBA) 2021 auf, dass es für die Anpassung an den Klimawandel noch keinen klaren und einfachen Lösungsweg gibt und daher von einem relativ geringen Integrationsgrad von Klimafolgen und Klimaanpassung in Normen ausgegangen wird. So regt das UBA dazu an, die Integration der Klimaanpassung in Normen mit einer von allen Stakeholdern getragenen Gesamtstrategie zu verknüpfen, um für eine effektive Umsetzung zu sorgen sowie die Akzeptanz und das Bewusstsein hierfür bei den Beteiligten zu stärken.

Im Rahmen unserer DIN-Maßnahmen ist uns daher ein kontinuierlicher Austausch mit unseren Stakeholdern auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene wichtig. Ein enger Schulterschluss ermöglicht einen frühzeitigen Verständnisabgleich, an welchen Stellen das Zusammenspiel von Politikmaßnahmen und Normung zu Klimaschutz und Klimaanpassung verbessert werden kann.

Gemeinsam mit DKE und VDI hat DIN zunächst eine Plattform zur Vernetzung von Stakeholdern aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft zum Thema Klimaschutz eingerichtet. Ziel ist es, unsere Arbeit zu koordinieren und Doppelstrukturen zu vermeiden. Auch die Politik ist hier involviert und war mit Teilnehmenden aus zehn deutschen Bundesministerien bei einem gemeinsamen Klima-Workshop anwesend – ein schöner Beleg für die Relevanz der Normung!

Zusammen mit Wirtschaft und Politik ist Normung ein wirksamer Hebel im Kampf gegen den Klimawandel – DIN steht für die Umsetzung bereit und bietet die Plattform dafür!

Sibylle Gabler

Als Leiterin Regierungsbeziehungen bei DIN steht Sibylle Gabler in engem Austausch mit politischen Stakeholder*innen in Deutschland und Europa.

Hat Ihnen der Artikel gefallen?

Weitere Artikel

Nach oben scrollen